Allgemeine Verkaufs- und Einkaufsbedingungen: Das Berufungsgericht Paris schafft Klarheit über die Reichweite der beiden Dokumente
In diesem Rechtsstreit wollten zwei Gesellschaften ihre allgemeinen Einkaufs- und Verkaufsbedingungen gegeneinander geltend machen, die sie jeweils ihrem Geschäftspartner mitgeteilt hatten, ohne jedoch den Bedingungen des Vertragspartners ausdrücklich zu widersprechen.
Welches Dokument hat Vorrang, wenn keine gültige Annahme des einen oder des anderen Dokuments durch die beiden Geschäftspartner vorliegt?
Während das erstinstanzliche Gericht den allgemeinen Einkaufsbedingungen Vorrang einräumte, weil es der Ansicht war, dass dieses Dokument zuletzt versandt und von dem Verkäufer, der die Ware geliefert hatte, nicht beanstandet worden war, nahm das Berufungsgericht eine andere Position ein und führte somit eine heilsame Grundsatzreflexion herbei.
Die Vertragsbestimmungen, die gelten, sind notwendigerweise die, auf die sich die Parteien geeinigt haben. Artikel L.441-1 des Handelsgesetzbuchs (Code de Commerce) sieht zwar vor, dass die allgemeinen Verkaufsbedingungen die “Grundlage für Handelsverhandlungen” bilden, aber er gibt ihnen nicht automatisch Vorrang vor den allgemeinen Einkaufsbedingungen.
In Wirklichkeit gelten für den Verkauf die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die zwischen den Parteien vereinbart und somit von beiden Parteien akzeptiert wurden. Die einfache Zusendung der eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Antwort des Vertragspartners oder die Rücksendung des eigenen Geschäftsdokuments durch den Vertragspartner reicht nicht aus, um eine solche Annahme zu kennzeichnen.
Allgemeine Einkaufsbedingungen können daher den Verkauf regeln, müssen aber vom Verkäufer ausdrücklich akzeptiert worden sein.
Generell müssen allgemeine Geschäftsbedingungen, um einklagbar zu sein Folgendes beachten:
- Sie müssen der anderen Partei zur Kenntnis gebracht worden sein.
Achtung: Wenn die allgemeinen Geschäftsbedingungen auf einem Dokument im Anhang des Angebots/Bestellscheins oder auf der Rückseite des unterzeichneten Dokuments stehen, muss das unterzeichnete Dokument ausdrücklich auf diese allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen und diese müssen dem Vertragspartner vor Vertragsabschluss zumindest zugänglich gewesen sein.
- die allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen vom Geschäftspartner insbesondere durch die Unterzeichnung des Dokuments akzeptiert worden sein.
Die Rechtsprechung lässt die stillschweigende Annahme von allgemeinen Geschäftsbedingungen restriktiv zu, wenn diese dem Geschäftspartner im Rahmen einer kontinuierlichen Geschäftsbeziehung wiederholt mitgeteilt werden.
Im vorliegenden Fall hatte keine der Parteien die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vertragspartners akzeptiert, nicht einmal stillschweigend. Darüber hinaus enthielten beide Dokumente widersprüchliche Bestimmungen zu dem strittigen Punkt.
Das Gericht erinnert daran, dass in einem solchen Fall die unvereinbaren Klauseln unwirksam sind und sich gemäß den Bestimmungen von Artikel 1119 des Code Civil aufheben.
Dennoch behält die in Artikel L. 441-1 Code de Commerce aufgestellte Regel, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen die “einzige Grundlage für Handelsverhandlungen” darstellen, im Recht der wettbewerbsbeschränkenden Praktiken ihre volle Bedeutung.
Damit soll verhindert werden, dass Vertreiber und Zulieferer einseitig ihre allgemeinen Einkaufsbedingungen aufzwingen, ohne deren Bedingungen zu besprechen.
Sie würde unseres Erachtens auch dann zur Charakterisierung eines erheblichen Ungleichgewichts zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien führen, wenn der Vertreiber seine allgemeinen Einkaufsbedingungen systematisch durchsetzen würde, indem er jegliche Verhandlungen über deren Klauseln ablehnt.
Angesichts eines solchen Risikos empfiehlt es sich, die allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Abschluss des Verkaufs zur Vorverhandlung zu unterbreiten und einen Beweis dafür zu erbringen, dass die andere Partei ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen schriftlich zugestimmt hat.
Unsere Empfehlungen
- Formalisieren Sie die Geschäftsbeziehung mit Ihren Partnern von Beginn Ihrer Tätigkeit an,
- Teilen Sie Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen schriftlich mit (z.B. auf der Rückseite der Geschäftsunterlagen der Gesellschaft wie Angebote, Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen),
- Verhandeln Sie die Bedingungen, insbesondere wenn es sich um allgemeine Einkaufsbedingungen handelt, und holen Sie eine schriftliche Vereinbarung über Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen ein (einschließlich der Unterzeichnung des Dokuments durch Ihren Geschäftspartner, Vereinbarung auf einem anderen schriftlichen Medium).
Das Team für Wirtschaftsrecht der Kanzlei Valoris Avocats steht Ihnen für alle Fragen zu diesem Thema und im weiteren Sinne zur Verfügung, um Sie bei der Formalisierung Ihrer Geschäftsbeziehungen zu begleiten.